Deutschland oder Österreich – wo hat man es besser als selbständiger Übersetzer?

Ich bin wie ihr wisst beeidigte Dolmetscherin und Übersetzerin für Russisch. Ca. 15 Jahre habe ich in München gearbeitet, war also in Deutschland als Übersetzerin freiberuflich gemeldet. Die letzten 1,5 Jahre wohne und arbeite ich hauptsächlich in Wien und habe daher ein Gewerbe in Österreich. In diesem Artikel vergleiche ich kurz, wie ich die Steuer- und Versicherungssysteme und das Unternehmerdasein im Allgemeinen in beiden Ländern erlebe. Vielleicht hilfreich für diejenigen, die jetzt in Deutschland arbeiten und Richtung Österreich schauen oder umgekehrt.

Im Allgemeinen funktioniert für einen Freiberufler alles in beiden Ländern sehr ähnlich, doch es gibt kleine aber feine Unterschiede, zum Beispiel:

Unternehmensform in Deutschland und Österreich

🇩🇪 in Deutschland kann man sich als Übersetzer freiberuflich melden. Man muss kein Gewerbe anmelden und keine Beiträge an irgendeine Berufskammer zahlen (auch wenn es Berufsverbände wie BDÜ gibt)

🇦🇹 in Österreich gibt es ca. 500 Gewerbe, die alle in WKO (Wirtschaftskammer Österreich) vertreten sind. Unsere Sparte – Übersetzer – gehört zum Gewerbe “Sprachdienstleistungen”. Ich zahle einen Jahresbeitrag von momentan ca. 80 Euro an die WKO. Dafür erhält man bei WKO bei Bedarf auch gute Beratung – man kann jederzeit mailen oder anrufen.

Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer und Definition von Kleinunternehmertum in Deutschland und in Österreich

🇩🇪 in Deutschland kann man bei Umsatz bis zu 22 000 Euro/Jahr zur Kleinunternehmerregelung optieren und muss keine Mehrwertsteuer zahlen; auch wenn man diese Grenze einmal überschreitet, muss man die Mehrwertsteuer nicht nachzahlen

🇦🇹 in Österreich kann man bis zu einem Jahresumsatz von 35 000 Euro die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen (eigentlich ist einmalig ein Jahresumsatz von 48 300 Euro möglich, ohne dass man umsatzsteuerpflichtig wird.
Wenn man aber auch diese letzte Grenze überschritten hat, muss man Umsatzsteuer auf alle erzielten Umsätze nachzahlen.

Ausgaben von der Steuer absetzen in Deutschland und in Österreich

🇩🇪 in Deutschland kann man die meisten Ausgaben nur absetzen, wenn man Belege sammelt

🇦🇹 in Österreich kann man 12 % (bei Jahresumsatz über 35000 Euro) oder 30% (bei Jahresumsatz UNTER 35000 Euro) seines Nettoumsatzes absetzen, OHNE Belege zu sammeln.

Sowohl in Deutschland als auch in Österreich reicht man seine Steuererklärungen elektronisch ein, aber:

Online-Portale des Finanzamts in Deutschland und in Österreich

🇩🇪 In Deutschland trägt man die Daten online ein – und das Steuerportal Elster berechnet die Steuer; die eingereichten Erklärungen kann man online abrufen

🇦🇹 in Österreich macht man das Gleiche – und österreichisches finanzonline berechnet NICHTS, man muss selbst ausrechnen, wie viel Umsatzsteuer man dem Staat schuldet. Das Auffinden von abgegebenen Steuererklärungen in finanzonline ist zwar möglich, aber extrem kompliziert.

Lastschriftverfahren in Österreich und in Deutschland

🇩🇪 in Deutschland erteilt man dem Finanzamt eine Einzugsermächtigung – und braucht danach nichts mehr selbst zu überweisen

🇦🇹 in Österreich kann Finanzamt auch mit Lastschriftmandat nur die Einkommenssteuer einziehen, die Umsatztsteuer muss man selbst aktiv überweisen.

Steuerberater in Deutschland und in Österreich

  • in Deutschland kostet eine Jahreserklärung beim Steuerberater einen vierstelligen Betrag, aber auf deutsche Steuerberater kann man sich in der Regel verlassen
  • in Österreich kostet eine Jahreserklärung lediglich einen kleinen dreistelligen Betrag, aber auf österreichische Steuerberater kann man sich keinesfalls verlassen.
    Kommentar des österreichischen Finanzamts: “Rufen Sie uns doch an, Sie bekommen eine kostenlose Beratung! Steuerberater wollen doch nur Ihr Geld.” 🙂

Kranken- und Sozialversicherung in Deutschland und in Österreich

  • in Deutschland existieren private und gesetzliche Krankenversicherung nebeneinander, wobei man von der privaten nicht so einfach in die gesetzliche wechseln kann. Der Unterschied besteht darin, dass der Beitrag zur geseztlichen Krankenversicherung einkommensabhängig und zur privaten einkommensunabhängig ist. Nachteil der privaten KV ist, dass man Ärzterechnungen erstmal selbst begleichen muss. Staatliche Rentenversicherung für Freiberufler und Selbständige ist gar nicht vorgesehen.
  • in Österreich ist das Ganze aus meiner Sicht praktischer: man zahlt einen Sozialversicherungsbetrag in der Höhe von ca. 27% des Nettogewinns, der Großteil davon ist für die Pensionsversicherung, Rest für die Unfall- und Krankenversicherung. Ferner hat die Selbständigenversicherung (Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen) ein eigenes Gesundheitszentrum, das finde ich extrem gut.

Wo hat man es denn besser als selbständiger Übersetzer – in Deutschland oder in Österreich?

  • Wenn man mit seinem Jahresumsatz unter 35 000 Euro liegt – eindeutig in Österreich!
  • Wenn man wert auf staatliche Rentenversicherung legt – eindeutig in Österreich!
  • Wenn Betriebsausgaben (ausschließlich Aufträge an andere Unternehmer, denn die werden extra verrechnet) höchstens 12% des Nettoumsatzes ausmachen (oder 30% bei Umsätzen unter 35000 Euro) und du genauso schlecht beim Belegesammeln bist wie ich – eindeutig in Österreich
  • Ab einem bestimmten Umsatz zahlt man aber in Deutschland weniger Steuern als in Österreich.
  • Wenn euch das Zwei-Schienen-System und PKV gefällt – dann seid ihr besser in Deutschland aufgehoben.
  • wenn ihr vergesslich seid was die Zahlungen an den Staat angeht – ist Deutschland mit Lastschriftverfahren besser

…usw.

Dieser Text spiegelt nur meine persönliche Meinung wieder und ersetzt keine Steuer- oder Rechtsberatung.

Wenn Ihr beglaubigte Übersetzungen (Russisch/Deutsch) benötigt – bin ich für Euch da. Ich bin beeidigte Dolmetscherin und Übersetzerin für Russisch und Deutsch und grundsätzlich 24/7 erreichbar. Wenn ich einen Anruf nicht sofort beantworten kann – schickt mir am besten eine WhatsApp-Nachricht.

Meine Kontaktdaten findet Ihr ganz oben auf der Seite.

Unsere Infopartner: https://www.suchebiete.com/

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